Theoretischer Kurs ex Bezugsrecht (Theoretical Ex-Rights Price – TERP): Eine umfassende Analyse
Stell dir vor, ein Unternehmen, in das du investiert bist, kündigt eine Kapitalerhöhung an. Neue Aktien werden zu einem günstigeren Preis ausgegeben, damit das Unternehmen frisches Kapital erhält. Klingt zunächst positiv – doch was bedeutet das für den Wert deiner bestehenden Aktien? Genau hier spielt der theoretische Kurs ex Bezugsrecht (TERP) eine entscheidende Rolle.
Dieser Artikel erklärt dir, wie der TERP funktioniert, warum er für Aktionäre wichtig ist und wie du ihn berechnest. Ganz gleich, ob du erfahren im Investieren bist oder gerade erst startest – mit diesem Wissen kannst du besser einschätzen, wie sich Kapitalerhöhungen auf dein Portfolio auswirken.

Was ist der theoretische Kurs ex Bezugsrecht?
Der theoretische Kurs ex Bezugsrecht (auch bekannt als Theoretical Ex-Rights Price – TERP oder theoretischer Bezugsrechtspreis) beschreibt den rechnerischen Wert einer Aktie nach der Ausgabe neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung. Er berücksichtigt die Verwässerung, die durch die neuen Aktien entsteht, und dient als Orientierung, wie der Kurs der Aktie theoretisch nach der Kapitalerhöhung aussehen sollte.
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Wozu dient der theoretische Kurs ex Bezugsrecht?
Der TERP ist ein wichtiger Indikator für Aktionäre und Investoren, da er:
- Den Wert der Aktien neu bewertet: Er zeigt, wie sich der Kurs verändert, wenn die neuen Aktien zu einem niedrigeren Preis ausgegeben werden.
- Die Verwässerung berücksichtigt: Bestehende Aktionäre können abschätzen, wie sich ihr Anteil am Unternehmen und der Wert ihrer Aktien verändern.
- Grundlage für Entscheidungen bietet: Aktionäre können entscheiden, ob sie ihre Bezugsrechte ausüben, verkaufen oder ignorieren möchten.
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Grundlagen: Was passiert bei einer Kapitalerhöhung?
Eine Kapitalerhöhung ist ein Mechanismus, mit dem Unternehmen neues Eigenkapital generieren, indem sie zusätzliche Aktien ausgeben. Diese neuen Aktien werden häufig zu einem ermäßigten Preis im Vergleich zum aktuellen Marktwert angeboten, um sie für Investoren attraktiver zu machen.
Arten von Kapitalerhöhungen:
- Ordentliche Kapitalerhöhung: Ausgabe neuer Aktien mit Bezugsrechten für bestehende Aktionäre.
- Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln: Erhöhung des Grundkapitals durch Umwandlung von Rücklagen.
- Genehmigtes Kapital: Vorab erteilte Ermächtigung des Vorstands zur Kapitalerhöhung.
In einer typischen ordentlichen Kapitalerhöhung werden Bezugsrechte ausgegeben, die den bestehenden Aktionären das Recht einräumen, die neuen Aktien anteilig zu erwerben. Ziel ist es, den Verwässerungseffekt abzumildern.
Kapitalerhöhungen haben jedoch auch Auswirkungen auf den Aktienkurs, da der Gesamtwert des Unternehmens auf mehr Aktien verteilt wird. Hier kommt der TERP ins Spiel, um diese Veränderung zu quantifizieren.
Formel zur Berechnung des TERP
Die Berechnung des TERP erfolgt mit folgender Formel:

Parameter der Formel:
- Anzahl der alten Aktien: Die bereits ausgegebenen Aktien vor der Kapitalerhöhung.
- Alter Kurs: Der Marktpreis der Aktie vor der Kapitalerhöhung.
- Anzahl der neuen Aktien: Die zusätzlichen Aktien, die im Rahmen der Kapitalerhöhung ausgegeben werden.
- Ausgabepreis: Der festgelegte Preis, zu dem die neuen Aktien angeboten werden.
- Gesamtzahl der Aktien: Die Summe aus alten und neuen Aktien nach der Kapitalerhöhung.
Anwendungsbeispiel
Um die Bedeutung des TERP zu verdeutlichen, betrachten wir ein praktisches Beispiel:
Ein Unternehmen hat 1 Million Aktien im Umlauf, die zum Preis von 50 € gehandelt werden. Es plant eine Kapitalerhöhung durch die Ausgabe von 200.000 neuen Aktien zu einem Ausgabepreis von 40 € pro Aktie.
Der theoretische Kurs ex Bezugsrecht beträgt in diesem Fall 48,33 €.
Wichtig: Obwohl der TERP eine präzise rechnerische Grundlage bietet, kann der tatsächliche Kurs nach der Kapitalerhöhung aufgrund von Angebot, Nachfrage oder Marktstimmung abweichen.
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Die Rolle der Bezugsrechte im Kontext des TERP
Bezugsrechte sind ein zentraler Bestandteil von Kapitalerhöhungen. Sie räumen bestehenden Aktionären das Recht ein, die neuen Aktien zu einem festgelegten Preis zu erwerben. Der Wert eines Bezugsrechts ergibt sich aus der Differenz zwischen dem TERP und dem Ausgabepreis der neuen Aktien.
Formel für den Wert eines Bezugsrechts:

Beispiel:
Wenn eine bestehende Aktie 50 € kostet und der TERP bei 48,33 € liegt, hat ein Bezugsrecht einen Wert von 1,67 €, wenn das Bezugsverhältnis 1:5 beträgt (ein Bezugsrecht pro fünf alte Aktien).
Diese Flexibilität gibt Aktionären die Möglichkeit, ihren Anteil am Unternehmen beizubehalten oder kurzfristig Gewinne durch den Verkauf der Bezugsrechte zu erzielen.
Praktische Herausforderungen des TERP in der Realität
Obwohl der TERP eine hilfreiche Orientierung bietet, gibt es in der Praxis Herausforderungen, die den tatsächlichen Kurs beeinflussen können:
- Marktreaktionen: Die Ankündigung einer Kapitalerhöhung kann Unsicherheiten schaffen und den Kurs bereits vor der Maßnahme beeinflussen.
- Nachfrage nach neuen Aktien: Wenn die neuen Aktien besonders attraktiv oder weniger gefragt sind, kann dies den tatsächlichen Kurs verändern.
- Makroökonomische Faktoren: Externe Einflüsse wie Zinssätze oder politische Ereignisse wirken sich ebenfalls auf die Bewertung aus.
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Zusammenfassung
Der theoretische Kurs ex Bezugsrecht (TERP) ist ein essenzielles Instrument, um die Auswirkungen von Kapitalerhöhungen zu bewerten. Er gibt Aktionären eine klare Orientierung über den neuen rechnerischen Wert ihrer Anteile und hilft Unternehmen, faire und marktorientierte Bedingungen für die Ausgabe neuer Aktien zu schaffen.
Indem du den TERP verstehst und die zugrunde liegende Logik anwendest, kannst du fundierte Entscheidungen über Kapitalmaßnahmen treffen und deine Anlagestrategie optimieren. Egal, ob du dich für das Ausüben von Bezugsrechten, deren Verkauf oder das Kaufen zusätzlicher Aktien entscheidest – ein solides Verständnis des TERP ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Umgang mit Kapitalerhöhungen.