Der theoretische Futures-Preis: Berechnung, Nominalwert und Praxisbeispiele
Terminkontrakte – sogenannte Futures – spielen eine zentrale Rolle im professionellen Finanzhandel. Sie ermöglichen Unternehmen und institutionellen Anlegern, sich gezielt gegen Kursschwankungen abzusichern oder Marktbewegungen strategisch zu nutzen. In diesem Beitrag erhalten Sie einen umfassenden Überblick über den theoretischen Preis eines Futures, dessen Berechnung sowie die Abweichung zum aktuellen Marktpreis. Ferner erklären wir den Begriff des Nominalwerts, gehen auf die Bedeutung des Fälligkeitstermins ein und veranschaulichen die Theorie anhand konkreter Beispiele aus den Bereichen Aktien und Rohstoffe – stets mit Blick auf die Rahmenbedingungen des deutschen Marktes.

Was versteht man unter dem theoretischen Futures-Preis?
Der theoretische Preis eines Futures stellt eine modellbasierte Einschätzung dar, wie viel ein Terminkontrakt heute wert sein sollte. Grundlage für diese Berechnung sind der aktuelle Kurs des zugrunde liegenden Vermögenswerts (auch Spot-Preis genannt), der risikofreie Zinssatz sowie gegebenenfalls erwartete Dividenden oder Lagerkosten. Es handelt sich dabei um einen analytischen Referenzwert, der insbesondere im Rahmen von Arbitragestrategien oder bei der Positionsbewertung genutzt wird.
Gerade für institutionelle Marktteilnehmer wie Fondsmanager, Banken oder Rohstoffhändler bietet dieser Preis eine fundierte Orientierung. Weicht der tatsächliche Marktpreis vom theoretischen Wert ab, kann dies auf Ineffizienzen hindeuten – und damit potenzielle Handelsmöglichkeiten eröffnen.
Wie wird der theoretische Preis eines Futures berechnet?
In der Praxis wird zur Berechnung eine modifizierte Form des Cost-of-Carry-Modells verwendet. Die allgemeine Formel lautet:
Theoretischer Preis=S⋅(1+r⋅t360)−D⋅(1+r⋅t′360)\text{Theoretischer Preis} = S \cdot \left(1 + r \cdot \frac{t}{360} \right) – D \cdot \left(1 + r \cdot \frac{t‘}{360} \right)Theoretischer Preis=S⋅(1+r⋅360t)−D⋅(1+r⋅360t′)
Erklärung der Variablen:
Symbol | Bedeutung |
S | Spot-Preis des Basiswerts |
r | Jahreszinssatz (risikofrei) |
t | Tage bis zur Fälligkeit |
D | Dividenden (wenn zutreffend) |
t′ | Tage zwischen Dividendenzahlung und Futures-Fälligkeit |
Je nach Markt (Aktien, Rohstoffe, Indizes) können einzelne Bestandteile variieren. Bei Rohstoffen treten z. B. Lagerkosten und Versicherungskosten an die Stelle der Dividenden.
Praxisbeispiel 1: Aktien-Future ohne Dividende – Siemens AG
Angenommen, der Aktienkurs der Siemens AG liegt aktuell bei 140 €. Sie interessieren sich für einen entsprechenden Futures-Kontrakt, der in 180 Tagen ausläuft. Als risikofreier Zinssatz wird der aktuelle 6-Monats-Euribor von 2,75 % p.a. zugrunde gelegt. In diesem Zeitraum ist keine Dividendenzahlung vorgesehen.
Rechenschritte:
Futures-Wert=140⋅(1+0,0275⋅180360)=140⋅1,01375=141,93 €\text{Futures-Wert} = 140 \cdot \left(1 + \frac{0{,}0275 \cdot 180}{360} \right) = 140 \cdot 1{,}01375 = 141{,}93 \, €Futures-Wert=140⋅(1+3600,0275⋅180)=140⋅1,01375=141,93€
Interpretation:
Der modellhaft berechnete Futures-Preis liegt bei 141,93 €, also geringfügig über dem aktuellen Kurs der Aktie. Diese leichte Abweichung ergibt sich durch die Zinskomponente – da keine Dividende anfällt, wirkt sich allein der Zinssatz wertsteigernd auf den Kontrakt aus. Solche Preisrelationen sind typisch bei stabilen Marktverhältnissen und positiven Finanzierungskosten.
Praxisbeispiel 2: Aktien-Future mit Dividende – Allianz SE
In einem weiteren Fall analysieren Sie einen Future auf die Allianz SE. Der aktuelle Börsenkurs beträgt 220 €, der Kontrakt läuft ebenfalls über 180 Tage. Es wird eine Dividende von 5,60 € erwartet, die 30 Tage vor Fälligkeit des Futures ausgeschüttet wird. Auch hier liegt der risikofreie Zinssatz bei 2,75 % jährlich.
Schritt 1: Aufzinsung des Spot-Kurses
220⋅(1+0,0275⋅180360)=220⋅1,01375=223,025 €220 \cdot \left(1 + \frac{0{,}0275 \cdot 180}{360} \right) = 220 \cdot 1{,}01375 = 223{,}025 \, €220⋅(1+3600,0275⋅180)=220⋅1,01375=223,025€
Schritt 2: Abzinsung der erwarteten Dividende
5,60⋅(1+0,0275⋅150360)=5,60⋅1,01146=5,663 €5{,}60 \cdot \left(1 + \frac{0{,}0275 \cdot 150}{360} \right) = 5{,}60 \cdot 1{,}01146 = 5{,}663 \, €5,60⋅(1+3600,0275⋅150)=5,60⋅1,01146=5,663€
Finale Berechnung des theoretischen Futures-Preises
223,025−5,663=217,362 €223{,}025 – 5{,}663 = 217{,}362 \, €223,025−5,663=217,362€
Ergebnis:
Der berechnete Wert liegt bei 217,36 €, was unterhalb des aktuellen Kassakurses liegt. Diese Differenz lässt sich durch die erwartete Dividende erklären, die den Preis des Futures mindert. Der Effekt überwiegt in diesem Fall die aufgezinsteten Finanzierungskosten – ein typisches Szenario bei dividendenstarken Titeln.
Diese beiden Beispiele zeigen gut, wie stark der theoretische Futures-Preis von den Gegebenheiten am Markt und der Dividendenpolitik abhängen kann. Solche Rechenmodelle helfen Ihnen dabei, Preisunterschiede besser einzuordnen und Anlageentscheidungen mit mehr Hintergrundwissen zu treffen – egal ob zur Absicherung, Arbitrage oder Spekulation.
Nominalwert eines Futures – was steckt dahinter?
Der Nominalwert, auch Notional genannt, steht für den Gesamtwert des Basiswerts, auf den sich ein Future bezieht. Er wird berechnet, indem man den Kurs des zugrunde liegenden Instruments mit der Kontraktgröße multipliziert. Dadurch sehen Sie, wie groß das Marktengagement pro Kontrakt wirklich ist – ein wichtiger Faktor beim Risikoeinschätzen.
Berechnungsformel:
Nominalwert = Preis des Basiswerts × Kontraktgröße
Beispiel zur Veranschaulichung:
Nehmen wir an, Sie handeln einen DAX-Future mit einer standardisierten Kontraktgröße von 25 €. Wenn der DAX bei 18.000 Punkten steht, beträgt der Nominalwert des Kontrakts:
18.000 × 25 € = 450.000 €
Das bedeutet: Ein einzelner Kontrakt dieses Typs bewegt einen Marktwert von 450.000 €. Besonders bei stark schwankenden Märkten wie Öl, Weizen oder Gas können sich diese Werte rasch auf mehrere hunderttausend Euro summieren. Umso wichtiger ist daher ein robustes Margin- und Risikomanagement, um potenzielle Verluste effektiv zu begrenzen.
Futures-Preis im Vergleich zum Spot-Preis
Der Spot-Preis beschreibt den gegenwärtigen Marktwert eines Basiswerts. Im Unterschied dazu zeigt der Futures-Preis, welchen Wert der Markt zu einem späteren Zeitpunkt erwartet. Dabei fließen unter anderem mögliche Finanzierungs- und Lagerkosten sowie eventuelle entgangene Erträge mit ein.
Typische Einflussfaktoren:
Faktor | Wirkung auf Futures-Preis |
Zinssatz | Höhere Zinssätze erhöhen den Preis |
Dividenden | Erwartete Dividenden senken den Preis |
Lagerkosten | Erhöhen bei Commodities den Preis |
Angebot/Nachfrage | Marktpsychologie kann Preis verzerren |
In der Praxis kann es zu Contango (Futures-Preis > Spot-Preis) oder Backwardation (Futures-Preis < Spot-Preis) kommen. Diese Begriffe sind insbesondere bei Rohstoff-Futures relevant.
Was geschieht bei der Fälligkeit von Futures?
Wenn ein Futures-Kontrakt sein Laufzeitende erreicht, stehen zwei Abwicklungsformen zur Verfügung:
- Physische Lieferung: Der zugrunde liegende Vermögenswert wird tatsächlich übergeben, zum Beispiel Rohstoffe wie Öl oder Getreide.
- Barausgleich (Cash Settlement): Anstelle einer Lieferung wird lediglich die Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem aktuellen Marktwert ausgeglichen – wie es etwa bei DAX-Futures üblich ist.
In Deutschland wird die Abwicklung in der Regel über die Eurex (European Exchange) organisiert. Besonders bei Index-Futures erfolgt stets ein Barausgleich. Es empfiehlt sich, vor dem Handel die jeweiligen Vertragsdetails sorgfältig zu prüfen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
Theoretische Ausbeute: Eine Renditeberechnung auf Futures-Basis
Die theoretische Ausbeute beschreibt die erwartete prozentuale Rendite, die ein Anleger aus einem Futures-Engagement erzielen kann, basierend auf der Differenz zwischen dem erwarteten Preis und dem aktuellen Preis.
Formel:
Theoretische Ausbeute=(Erwarteter Preis−Aktueller PreisAktueller Preis)×100\text{Theoretische Ausbeute} = \left( \frac{\text{Erwarteter Preis} – \text{Aktueller Preis}}{\text{Aktueller Preis}} \right) \times 100Theoretische Ausbeute=(Aktueller PreisErwarteter Preis−Aktueller Preis)×100
Beispiel:
Wenn der aktuelle Preis eines Futures bei 120 € liegt und eine Auswertung des Marktes eine Preissteigerung auf 126 € erwartet:
(126−120120)×100=5,00 %\left( \frac{126 – 120}{120} \right) \times 100 = 5{,}00\,\%(120126−120)×100=5,00%
Diese Methode wird häufig im Quant Trading oder bei der Bewertung von Arbitrage-Situationen eingesetzt.
Tabelle: Übersicht zentraler Konzepte
Konzept | Definition | Beispiel |
Theoretischer Preis | Fairer Preis basierend auf Finanzformel | 141,93 € bei Siemens-Futures |
Nominalwert | Gesamtwert des Futures-Kontrakts | 450.000 € bei DAX-Futures |
Futures vs. Spot | Futures beinhaltet Erwartungen & Kosten | Futures > Spot bei Contango |
Verfall | Vertrag endet, physisch oder Cash-Settlement | DAX-Futures: Barausgleich |
Theoretische Ausbeute | Erwartete Rendite basierend auf Preisveränderung | 5 % bei 120 → 126 € |
Fazit
Ein fundiertes Verständnis des theoretischen Futures-Preises ist entscheidend, wenn Sie Derivate gezielt einsetzen möchten – sei es zur Absicherung, für Arbitragegeschäfte oder spekulative Strategien. Gerade im regulierten Marktumfeld, etwa in Deutschland, verschafft Ihnen das Wissen um Preisbildung, Nominalwerte und erwartete Erträge einen klaren Vorteil.
Wenn Sie mit Futures handeln möchten, schauen Sie sich genau an, über wen Sie das machen. Wichtig ist, dass der Broker reguliert ist und Zugang zu bekannten Börsen wie der Eurex oder CME hat. Nur so können Sie sicher sein, dass Ihre Orders sauber ausgeführt und Margin-Anforderungen ordentlich gehandhabt werden.
FAQ
Was ist ein Futures-Kontrakt?
Ein Futures-Kontrakt ist eine verbindliche Vereinbarung, einen bestimmten Basiswert zu einem festgelegten Preis an einem zukünftigen Datum zu kaufen oder zu verkaufen. Solche Kontrakte dienen der Absicherung gegen Preisschwankungen oder der gezielten Spekulation auf Kursveränderungen.
Warum werden Futures gehandelt?
Futures bieten Chancen, Risiken abzusichern oder Marktbewegungen auszunutzen. Unternehmen sichern damit Preise für Rohstoffe, während Anleger auf Kursentwicklungen setzen. Auch Arbitrage-Strategien lassen sich umsetzen. Das macht Futures zu einem vielseitigen Instrument im professionellen Handel.
Wie wird der theoretische Futures-Preis berechnet?
Der theoretische Preis ergibt sich aus dem aktuellen Kassapreis, zuzüglich Finanzierungskosten und abzüglich Erträgen wie Dividenden. Die genaue Formel hängt vom jeweiligen Basiswert ab. Ziel ist es, eine faire Bewertung für den zukünftigen Lieferzeitpunkt zu erhalten.
Was ist bei der Auswahl eines Brokers zu beachten?
Achten Sie auf eine Regulierung durch eine anerkannte Finanzaufsicht, transparente Kostenstrukturen sowie den Zugang zu führenden Terminbörsen wie Eurex oder CME. Wichtig ist zudem eine professionelle Abwicklung der Margin-Anforderungen und ein verlässlicher Kundenservice – besonders bei volatilen Märkten.