Geschichte der Futures – von den Reisterminen Japans zu globalen Finanzinstrumenten
Heute sind Futures ein fester Bestandteil der internationalen Finanzwelt. Doch ihre Wurzeln reichen erstaunlich weit zurück. Schon in frühen Handelszentren suchten Menschen nach Möglichkeiten, sich gegen unvorhersehbare Preisschwankungen abzusichern. In diesem Beitrag nehmen wir Sie mit auf eine Reise durch die Geschichte der Futures: von den ersten Handelsansätzen bis hin zu ihrer heutigen Rolle auf dem deutschen Markt. Sie erfahren, welche Entwicklungen besonders prägend waren, welchen Nutzen Futures für Unternehmen und Investoren bieten und was Sie über zentrale Begriffe und aktuelle Trends wissen sollten.

Historischer Ursprung: Reisgeschäfte im Japan des 17. Jahrhunderts
Die ersten bekannten Formen von Termingeschäften lassen sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen – und zwar nach Japan, in die Edo-Zeit. Im Zentrum stand dabei Reis, das wichtigste Handelsgut der damaligen Wirtschaft. Händler begannen, Vereinbarungen zu treffen, mit denen sie Preise für zukünftige Lieferungen im Voraus festlegten.
Das Motiv war klar: Landwirte und Kaufleute wollten sich gegen Preisschwankungen schützen, die durch Missernten, Wetterereignisse oder politische Entwicklungen ausgelöst werden konnten. Die Kontrakte sahen vor, dass eine bestimmte Menge Reis zu einem definierten Preis und zu einem späteren Zeitpunkt geliefert wird – unabhängig davon, wie sich der Marktpreis bis dahin entwickelt.
Diese Praxis verschaffte den Beteiligten ein hohes Maß an Kalkulationssicherheit. Sie minderte das wirtschaftliche Risiko und schuf die Grundlage für das, was Futures bis heute ausmacht: Absicherung gegen Marktschwankungen und strategisches Risikomanagement.
Grundlagen von Futures-Kontrakten
Ein sogenannter Futures-Kontrakt beschreibt eine rechtsverbindliche Absprache zwischen zwei Marktteilnehmern, die über eine spezielle Terminbörse abgewickelt wird. Dabei sichern sich beide Seiten zu, ein bestimmtes Handelsobjekt – wie etwa Rohstoffe, Devisen, Staatsanleihen oder Aktienindizes – zu einem im Vorfeld festgelegten Preis und zu einem definierten Zeitpunkt in der Zukunft zu kaufen beziehungsweise zu verkaufen.
Was diesen Vertrag besonders macht: Die Bedingungen wie Menge, Laufzeit und Qualität des Basiswerts sind bereits standardisiert. Nur der Preis und die Anzahl der gehandelten Kontrakte richten sich nach Angebot und Nachfrage am Markt. Das sorgt für klare Spielregeln und gibt beiden Seiten rechtliche Sicherheit – unabhängig davon, wie sich der Markt später entwickelt.
Futures dienen vor allem einem Zweck: dem Schutz vor Preisschwankungen (Hedging). Unternehmen, Investoren oder Produzenten nutzen diese Verträge, um Kosten und Einnahmen besser zu kalkulieren. So lässt sich das Risiko durch unvorhersehbare Preisbewegungen deutlich reduzieren. Unser Artikel Wie funktioniert Hedging könnte dich auch interessieren.
Wie sich ein solcher Vertrag auswirkt, zeigt sich in drei klassischen Beispielen:
Marktpreis am Lieferdatum | Käufer | Verkäufer |
Marktpreis = Kontraktpreis | Kein Gewinn, kein Verlust | Kein Gewinn, kein Verlust |
Marktpreis > Kontraktpreis | Vorteil durch günstigeren Einkauf | Verzicht auf möglichen Mehrgewinn |
Marktpreis < Kontraktpreis | Nachteil durch zu hohen Kaufpreis | Vorteil durch Verkauf über Marktpreis |
In jedem dieser Fälle bleibt der Preis aus dem Vertrag bindend. Käufer profitieren, wenn die Marktpreise steigen – Verkäufer hingegen dann, wenn die Preise sinken. Wer sich auf einen Futures-Kontrakt einlässt, gewinnt also mehr Planungssicherheit, verzichtet aber möglicherweise auf kurzfristige Marktchancen.
Für viele Marktteilnehmer – etwa in der Landwirtschaft, im Energiesektor oder bei institutionellen Anlegern – sind Futures ein zentrales Instrument, um Risiken aktiv zu steuern.
Hedging vs. Spekulation
Obwohl Terminkontrakte ursprünglich zur Absicherung gegen Preisschwankungen entwickelt wurden, etwa im Rohstoff- oder Energiesektor, nutzen Unternehmen sie auch heute noch vorrangig zu diesem Zweck. Airlines, Versorger oder Produzenten sichern sich damit gegen Marktrisiken ab, um ihre Planungssicherheit zu erhöhen.
Gleichzeitig hat sich der Einsatzbereich erweitert: Viele Marktteilnehmer – insbesondere im Handel – nutzen Futures mittlerweile auch zur gezielten Spekulation. Dabei wird häufig ein hoher finanzieller Hebel eingesetzt, der potenzielle Gewinne, aber auch Risiken deutlich verstärken kann.
Die Entstehung des organisierten Terminmarkts
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Handel mit Terminkontrakten, vor allem im Bereich landwirtschaftlicher Erzeugnisse, zu einem bedeutenden Bestandteil der US-amerikanischen Wirtschaft. Mit dem steigenden Handelsvolumen nahmen jedoch auch die Spannungen zu: Uneinigkeit über Lieferbedingungen, Mengenangaben, Qualitätskriterien oder Preisvereinbarungen führte häufig zu Differenzen zwischen Händlern, Produzenten und Käufern.
Um diesen wiederkehrenden Problemen zu begegnen, wurde 1848 die Chicago Board of Trade (CBOT) ins Leben gerufen – die erste formell organisierte Terminbörse. Sie verfolgte das Ziel, dem Handel mit Agrarprodukten wie Mais, Weizen und Sojabohnen ein verbindliches Regelwerk und mehr Transparenz zu verleihen.
Ursprünglich basierte das Modell auf der physischen Übergabe der Ware. Erst später setzte sich die Möglichkeit der rein finanziellen Abwicklung durch. Bei dieser sogenannten Barabrechnung wird keine tatsächliche Lieferung mehr vorgenommen – stattdessen gleichen die Parteien lediglich Wertveränderungen aus. Dieses Verfahren ist heute vor allem im Bereich der Finanz-Futures verbreitet.
Ein wesentlicher Fortschritt war die Einführung einheitlicher Verträge, die wichtige Aspekte wie etwa die Kontraktgröße – also die festgelegte Menge eines Handelsguts – standardisieren.
Ein Meilenstein war die Einführung standardisierter Kontrakte, die zentrale Parameter regelten:
- Kontraktgrößen, also die standardisierte Menge der gehandelten Ware
- Laufzeiten, die den exakten Fälligkeitstermin festlegten
- Qualitätsvorgaben, um Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit zu sichern
Diese Standardisierung brachte zwei entscheidende Vorteile mit sich
- Rechtssicherheit: Durch einheitliche Regeln konnten Missverständnisse weitgehend vermieden werden. Für alle Beteiligten war klar, worauf sie sich einließen.
- Höhere Marktliquidität: Der strukturierte Börsenhandel ermöglichte eine leichtere Weitergabe und Veräußerung von Kontrakten, wodurch mehr Marktteilnehmer aktiv wurden und sich das Handelsvolumen erheblich steigerte.
Die genannten Entwicklungen bildeten das Fundament für die heutigen Terminmärkte. Was einst als Agrarhandelsplatz begann, ist heute ein global vernetzter Markt für Rohstoffe, Energie und Finanzprodukte – mit standardisierten Regeln, klaren Mechanismen und weltweiter Relevanz.
Wandel im 20. Jahrhundert: Vom Rohstoffhandel zur Finanzwelt
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich der Terminhandel rasant weiter. Besonders in den 1970er-Jahren – ausgelöst durch das Ende des Bretton-Woods-Systems und stark schwankende Wechselkurse – eröffnete sich ein neues Kapitel: Erstmals wurden Futures auf Währungen und Zinssätze eingeführt, um Marktteilnehmern eine Absicherung gegen finanzielle Risiken zu ermöglichen.
In den 1980er-Jahren weitete sich das Angebot weiter aus. Neue Kontrakte auf Staatsanleihen, Aktienindizes wie den S&P 500 sowie auf Rohstoffe aus dem Energie- und Metallsektor – darunter Öl und Gold – ergänzten das Spektrum.
Heute umfasst der Futures-Markt eine enorme Bandbreite. Neben klassischen Instrumenten finden sich auch hochspezialisierte Produkte wie Bitcoin-Futures oder CO₂-Zertifikate. Die Terminmärkte haben sich somit weit über ihre ursprünglichen Grenzen hinaus zu einem zentralen Baustein der modernen Finanzwelt entwickelt.
Die Bedeutung von Futures im deutschen Finanzmarkt
Futures nehmen im deutschen Finanzsystem eine zentrale Stellung ein – sowohl bei professionellen Marktteilnehmern als auch bei privaten Anlegern. Sie bieten vielseitige Einsatzmöglichkeiten: von der Absicherung gegen Kursschwankungen bis hin zur Spekulation auf Preisentwicklungen. Die maßgebliche Handelsplattform in Deutschland ist die Eurex, betrieben von der Deutschen Börse AG. Sie gehört weltweit zu den bedeutendsten Terminbörsen und bietet eine große Bandbreite an standardisierten Futures auf Aktien, Indizes, Zinsprodukte und Anleihen.
In diesem Beitrag erhalten Sie einen strukturierten Überblick über die in Deutschland am stärksten gehandelten Futures-Kontrakte, deren Funktionsweise und Einsatzbereiche. Zudem wird erläutert, warum diese Instrumente für institutionelle Investoren ebenso wie für fortgeschrittene Privatanleger zunehmend an Relevanz gewinnen.
Überblick: Die meistgehandelten Futures in Deutschland
DAX-Futures (FDAX): Absicherung und Spekulation auf den DAX 40
Der DAX-Future (FDAX) ist ein standardisierter Terminkontrakt auf den deutschen Leitindex DAX 40. Er dient zur gezielten Positionierung gegenüber der zukünftigen Entwicklung des Index. Ein einzelner FDAX-Kontrakt entspricht dem Gegenwert von 25 DAX-Punkten – bereits geringe Kursbewegungen können daher erhebliche Auswirkungen auf die Performance eines Futures haben.
Für institutionelle Investoren ist der FDAX ein effizientes Mittel, um sich gegen Bewegungen des Gesamtmarkts abzusichern. Privatpersonen greifen vermehrt auf die kleinere Variante – den Mini-DAX-Future – zurück, der mit 5 Euro pro Punkt deutlich risikoärmer strukturiert ist und sich besonders für kurzfristige Handelsstrategien eignet.
Bund-Futures: Strategien mit 10-jährigen Bundesanleihen
Der Bund-Future gehört zu den liquidesten Futures-Kontrakten weltweit und basiert auf einer hypothetischen zehnjährigen Bundesanleihe mit einem festgelegten Kupon von 6 %. Der Nominalwert eines Kontrakts beträgt 100.000 Euro. Dieses Instrument erlaubt es, auf erwartete Veränderungen im langfristigen Zinsumfeld zu reagieren oder sich gegen Zinsänderungsrisiken abzusichern.
Besonders Banken, Versicherungen und große Vermögensverwalter nutzen Bund-Futures zur Steuerung des Zinsrisikos in ihren Anleiheportfolios. Bei steigenden Zinserwartungen können Kursverluste durch eine Short-Position im Bund-Future begrenzt oder kompensiert werden.
Euro-Bobl und Euro-Schatz: Steuerung der mittelfristigen Zinssensitivität
Neben dem Bund-Future spielen auch die Kontrakte auf kürzer laufende Anleihen eine große Rolle – namentlich der Euro-Bobl-Future (Restlaufzeit von fünf Jahren) und der Euro-Schatz-Future (zwei Jahre). Diese Produkte repräsentieren verschiedene Bereiche der Zinsstrukturkurve und werden häufig zur taktischen Positionierung im Fixed-Income-Bereich eingesetzt.
Professionelle Händler nutzen sie zur Umsetzung sogenannter Kurvenstrategien, etwa zur Spekulation auf ein Auseinander- oder Zusammenlaufen verschiedener Laufzeiten. Auch Arbitragestrategien zwischen Kassa- und Terminmarkt lassen sich damit effektiv abbilden.
STOXX- und Euro STOXX-Futures: Zugang zu europäischen Aktienmärkten
Der EURO STOXX 50-Future zählt zu den meistgehandelten Aktienindex-Futures Europas. Er basiert auf einem Benchmark-Index, der die 50 führenden börsennotierten Unternehmen der Eurozone abbildet. Mit einem Kontrakt erhalten Anleger einen direkten Zugang zu einem diversifizierten Portfolio europäischer Blue-Chip-Aktien.
Dieser Future ist sowohl bei institutionellen als auch semi-professionellen Anlegern ein beliebtes Instrument zur Absicherung von Aktienportfolios oder zur Implementierung von Marktmeinungen. Darüber hinaus bietet die Eurex weitere Index-Futures wie etwa auf den STOXX Europe 600, der einen noch breiteren Marktüberblick ermöglicht und sektorübergreifend investierbar ist.
Futures-Kontrakt | Basiswert | Hauptanwendung | Nominalwert / Punktwert |
DAX-Future (FDAX) | DAX 40 Index | Absicherung, Spekulation | 25 € je Indexpunkt |
Mini-DAX-Future | DAX 40 Index | Trading durch Privatanleger | 5 € je Indexpunkt |
Bund-Future | 10-jährige Bundesanleihe | Zinssteuerung institutioneller Portfolios | 100.000 € |
Bobl-Future | 5-jährige Bundesanleihe | Strategien entlang der Zinsstrukturkurve | 100.000 € |
Schatz-Future | 2-jährige Bundesanleihe | Kurzfristige Zinspositionen | 100.000 € |
EURO STOXX 50-Future | Blue-Chip-Aktien der Eurozone | Diversifikation, Hedging | 10 € je Indexpunkt |
STOXX Europe 600-Future | Breiter europäischer Aktienmarkt | Marktbreite Abdeckung | 10 € je Indexpunkt |