ETF-Policen: Sind ETFs in Versicherungen sinnvoll?
In Zeiten niedriger Zinsen und wachsender Unsicherheit an den Märkten suchen viele Menschen nach einer Möglichkeit, langfristig Vermögen aufzubauen, ohne dabei zu viel Risiko einzugehen. ETFs gelten dabei als besonders attraktive Anlageform: günstig, transparent und breit gestreut. Doch was passiert, wenn man ETFs mit einem ganz anderen Finanzprodukt kombiniert – etwa mit einer Versicherung?
Genau darum geht es bei sogenannten ETF-Policen. Aber: Ist das wirklich eine clevere Kombination? Oder eher ein Finanzprodukt mit versteckten Nachteilen?
Was ist eine ETF-Police?
Eine ETF-Police ist eine fondsgebundene Renten- oder Lebensversicherung, bei der das Kapital überwiegend oder ausschließlich in börsengehandelte Indexfonds (ETFs) investiert wird. Im Unterschied zu einem reinen ETF-Depot, das man direkt bei einer Bank oder einem Broker führt, wird hier der ETF-Kauf innerhalb eines Versicherungsvertrags abgewickelt.
Es handelt sich also nicht um einen ETF, sondern um eine Versicherung mit ETF-Komponenten.
Man unterscheidet in der Regel zwischen zwei Formen:
- Fondgebundene Rentenversicherung (ETF-Rente)
- Fondgebundene Lebensversicherung (ETF-LV)
Warum sollte man Versicherungen und ETFs kombinieren?
Ganz einfach: Die Idee dahinter ist, langfristige Kapitalanlage mit steuerlichen Vorteilen und einem Versicherungsschutz zu verbinden. Wer ohnehin für das Alter vorsorgen will, fragt sich vielleicht: Warum nicht gleich ETFs nutzen – aber in verpackter Form?
1. Steuervorteile – besonders bei langfristiger Laufzeit
Einer der größten Pluspunkte einer ETF-Police liegt in den steuerlichen Vorteilen. Während bei einem klassischen ETF-Depot auf Kursgewinne in der Regel Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) fällig wird, gelten bei Versicherungen begünstigte steuerliche Regelungen.
Wenn Sie folgende Bedingungen erfüllen:
- Die Police läuft mindestens 12 Jahre,
- und Sie sind zum Zeitpunkt der Auszahlung mindestens 62 Jahre alt,
…dann kann die Auszahlung teilweise steuerfrei erfolgen. Bei einer lebenslangen Rentenzahlung ist der steuerpflichtige Anteil sogar noch geringer – er richtet sich nach dem sogenannten Ertragsanteil, der vom Alter zum Rentenbeginn abhängt.
Beispiel: Bei einem Depot wären auf 100.000 € Kursgewinn rund 25.000 € Steuern fällig. Bei einer ETF-Police könnten Sie – je nach Auszahlungsform – davon einen erheblichen Teil behalten.
2. Automatisiertes Rebalancing und Verwaltung
Ein ETF-Portfolio muss regelmäßig überprüft und angepasst werden. Steigen beispielsweise Aktien stärker als Anleihen, verschiebt sich Ihre Risikostruktur – ein manuelles Rebalancing wäre nötig.
In einer ETF-Police erfolgt dieses Rebalancing automatisch durch den Versicherer. Das bedeutet: Sie müssen sich nicht aktiv darum kümmern, Ihr Portfolio im Gleichgewicht zu halten. Diese automatische Verwaltung ist gerade für Menschen attraktiv, die langfristig investieren möchten, aber nicht ständig selbst aktiv werden wollen.
3. Erbschaftssteuer-Vorteile bei richtiger Gestaltung
ETF-Policen bieten – bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung – steuerliche Vorteile bei der Vermögensübertragung. Sie können z. B. eine oder mehrere begünstigte Personen eintragen. Im Todesfall wird das angesparte Kapital direkt an diese Personen ausgezahlt, ohne dass es Teil der Erbmasse wird.
Das hat zwei zentrale Vorteile:
- Die Auszahlung fällt nicht unter die normale Erbaufteilung,
- und kann steuerlich günstiger behandelt werden.
Gerade bei größeren Vermögen oder im Rahmen der Nachlassplanung kann eine ETF-Police ein wertvolles Instrument sein – vorausgesetzt, sie ist rechtlich und steuerlich korrekt gestaltet.
4. Schutz vor Pfändung (je nach Vertrag möglich)
Ein oft übersehener, aber nicht unwichtiger Punkt: ETF-Policen können unter bestimmten Voraussetzungen pfändungsgeschützt sein. Das gilt insbesondere für private Altersvorsorgeverträge, die den Anforderungen von § 851c ZPO entsprechen.
Im Klartext: Wenn Sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sollten, kann das angesparte Vermögen in der ETF-Police teilweise oder sogar vollständig vor Gläubigern geschützt sein – ein wichtiger Vorteil, insbesondere für Unternehmer, Selbstständige oder Freiberufler.
Achtung: Nicht jede Police bietet automatisch diesen Schutz. Hier ist es wichtig, die Vertragsbedingungen sorgfältig zu prüfen oder sich professionell beraten zu lassen.
Was sind die Nachteile von ETF-Policen?
So attraktiv das klingt – ganz ohne Haken ist das Konzept nicht. Denn eine ETF-Police ist kein klassischer ETF-Sparplan. Es gibt einige Punkte, die Anleger unbedingt verstehen sollten:
- Intransparente Kostenstruktur: Versicherer arbeiten oft mit mehreren Kostenebenen: Abschlusskosten, Verwaltungskosten, Fondskosten. Diese summieren sich – und sind nicht immer klar ersichtlich.
- Geringere Flexibilität: Ein ETF-Depot bei einem Broker lässt sich jederzeit anpassen oder kündigen. Eine Versicherungspolice ist oft an starre Laufzeiten gebunden.
- Kapitalverfügbarkeit eingeschränkt: Vorzeitige Kündigung kann zu Verlusten führen. Viele Policen lohnen sich erst nach Jahren.
- Keine Garantien: Da ETFs in Aktienmärkte investieren, gibt es kein Kapitalerhalt-Versprechen – das Risiko trägt der Kunde.
ETF-Police vs. Direktes ETF-Depot: Was ist besser?
Kriterium | ETF-Depot | ETF-Police |
---|---|---|
Kosten | Gering | Höher, je nach Anbieter |
Flexibilität | Hoch – jederzeit anpassbar | Eingeschränkt – lange Laufzeiten üblich |
Steuervorteile | Nur Freibetrag nutzbar | Steuervergünstigungen bei Rentenzahlung (nach 12 Jahren + 62 Jahre alt) |
Kapitalverfügbarkeit | Sofort möglich | Eingeschränkt (Stornoabzug möglich) |
Rebalancing | Selbst nötig | Automatisch durch Versicherer |
Vererbung | Standard-Depot-Regeln | Mit richtiger Gestaltung oft steuerlich günstiger |
Für wen sind ETF-Policen sinnvoll?
ETF-Policen können sinnvoll sein – aber nicht für jeden. Sie passen vor allem für Menschen:
- die langfristig (mind. 12 Jahre) vorsorgen möchten
- die von steuerlichen Vorteilen profitieren wollen
- denen eine lebenslange Rente wichtig ist
- die Disziplin und automatische Verwaltung schätzen
- die im Fall der Fälle Vererbung effizient planen möchten
Für jüngere Sparer mit hoher Eigenverantwortung ist ein reines ETF-Depot oft günstiger und flexibler. Wer dagegen sicher über Jahrzehnte vorsorgen will – und die steuerlichen Vorteile wirklich voll ausschöpfen kann – sollte sich ETF-Policen genauer anschauen.
Fazit: ETFs in der Police – clever oder kompliziert?
ETF-Policen sind kein schlechtes Produkt – aber sie sind auch kein Selbstläufer. Sie kombinieren zwei Finanzwelten: die einfache, günstige Welt der ETFs und die langfristige Struktur von Versicherungen. Diese Kombination kann sich lohnen – wenn man sie versteht.
Wer langfristig spart, auf Sicherheit und Steuervorteile achtet und kein Problem mit gewissen Einschränkungen hat, kann mit einer guten ETF-Police profitieren. Alle anderen fahren mit einem klassischen ETF-Depot oft günstiger und flexibler.